Neokonfuzianismus

Der Neokon­fu­zia­nis­mus ist eine reli­giös-philo­so­phi­sche Lehre, die während der chine­si­schen Song-Dynas­tie entstand und deren Ursprünge im Konfu­zia­nis­mus liegen, die jedoch auch starke Einflüsse aus Buddhis­mus und Daois­mus aufweist. Der Neokon­fu­zia­nis­mus war ab der Song-Dynas­tie eine der beherr­schen­den und kultu­rell einfluss­rei­chen Geis­tes­strö­mun­gen in China.

Der frühe Neokonfuzianismus

Ein eindeu­ti­ges Charak­te­ris­ti­kum des frühen Neokon­fu­zia­nis­mus ist ein beson­de­res kosmo­lo­gi­sches Inter­esse, in dem sich die Nähe zum Daois­mus zeigt. Der erste Vertre­ter dieser Rich­tung war der Gelehrte Zhou Dunyi (1017–1073), der gele­gent­lich auch als „Begrün­der“ des Neokon­fu­zia­nis­mus ange­se­hen wird. Vorläu­fer des Neokon­fu­zia­nis­mus, an die in der Song-Zeit wieder ange­knüpft wurde, findet man bereits zur frühe­ren Han-Zeit, in der die soge­nannte Neutext-Schule bereits einen das Reli­giöse mit einbe­zie­hen­den Konfu­zia­nis­mus vertre­ten hatte.

Den Kern von Zhou Dunyis Lehre bildete ein daois­ti­sches Diagramm, das er von einem Pries­ter geschenkt bekom­men hatte. In einem erklä­ren­den Text zum Diagramm betont er, dass das Gren­zen­lose (Wuji) gleich­zei­tig die höchste Grenze (Taiji) ist und durch Bewe­gung und Ruhe Yin und Yang erschafft. Der Heilige wähle den Zustand der Ruhe, einen Zustand ohne Verlan­gen, und mache ihn zum höchs­ten Prin­zip, wodurch er den höchs­ten Maßstab für die Mensch­heit setze.

Auch der zweite frühe neokon­fu­zia­ni­sche Philo­soph, Shao Yong (1011–1077), beschäf­tigte sich mit kosmo­lo­gi­schen Frage­stel­lun­gen, insbe­son­dere mit nume­ro­lo­gi­schen Speku­la­tio­nen über den Aufbau des Kosmos, die später auch eine große Rolle für die daois­ti­sche Wahr­sa­ge­kunst spiel­ten. Hier­bei verän­derte er die frühe­ren Speku­la­tio­nen wesent­lich und verlieh ihnen einen größe­ren Zuschnitt.

Den Über­gang von einer kosmo­lo­gisch orien­tier­ten zu einer onto­lo­gisch orien­tier­ten Philo­so­phie stellt Zhang Zai (1020–1077) dar. Er trat mit einem philo­so­phi­schen System hervor, das sich als „mate­ria­lis­ti­sches Denken“ kate­go­ri­sie­ren lässt. Sein Grund­be­griff ist dabei das Qi, der als eine Art Äther­stoff einen allum­fas­sen­den Stel­len­wert hat. Bei Zhang Zai verschwin­det die Vorstel­lung vom Nicht­sein (vgl. Shun­yata, Nirwana) und er setzte das Qi mit all jenen Begrif­fen in Verbin­dung, die bis dahin die höchste tran­szen­dente oder imma­nente Reali­tät bezeich­net hatten, nämlich Dao, Taiji und Taixu („große Leere“).

Der spätere Neokonfuzianismus

In der nächs­ten Gene­ra­tion der Neokon­fu­zia­ner treten beson­ders die Brüder Cheng Hao (1032–1085) und Cheng Yi (1033–1107) hervor, die den Begriff des Li („Ordnungs­prin­zip“) als wich­tigs­ten Begriff dieser Lehre etablier­ten. Li wurde sowohl als kosmo­lo­gi­sches und onto­lo­gi­sches, als auch als Moral­prin­zip aufge­fasst. Es bildet den Wesens­grund des Seins, aber auch die Struk­tur­ord­nung des indi­vi­du­el­len Seins. Ein weite­rer in Bezug auf die neokon­fu­zia­ni­sche Ethik wich­ti­ger Begriff stellt für Cheng Hao die bereits von Konfu­zius hoch­ge­schätzte Mensch­lich­keit (ren) dar, die aber bei Cheng die Konno­ta­tion von Liebe bekommt und eine alles Seiende verbin­dende Quali­tät darstellt.

Inner­halb der neokon­fu­zia­ni­schen Strö­mung kam es alsbald zur Diffe­ren­zie­rung von zwei Rich­tun­gen, deren eine oft als ratio­na­lis­tisch bezeich­net wird, und deren andere als intui­tio­na­lis­tisch einge­ord­net wurde.

Der wich­tigste Vertre­ter der ratio­na­lis­ti­schen Rich­tung war Zhu Xi (1130–1200) mit der „Cheng-Zhu-Schule“. Zhu Xi voll­zog die endgül­tige Ablö­sung des Ordnungs­prin­zips (Li) vom Äther­stoff (Qi) und gab ihm einen meta­phy­si­schen Sinn, da er das Ordnungs­prin­zip als „ober­halb der Gestal­tungs­ebene“ (vgl. Plato­ni­sche Idee) ansah und das Höchste, Taiji, als das allum­fas­sende Li betrach­tete.

Niedergang des Konfuzianismus

In der Folge­zeit wand­ten sich die neokon­fu­zia­ni­schen Philo­so­phen jedoch verstärkt den Wurzeln ihrer Philo­so­phie zu und rela­ti­vier­ten die idea­lis­ti­sche Sicht­weise. Vertre­ter dieser wieder verstärkt mate­ria­lis­ti­schen Rich­tun­gen war auch Yanwu (1613–1682). In seinen Arbei­ten  lässt sich ein neues Phäno­men entde­cken, nämlich das Aufkom­men eines wissen­schaft­li­chen Ansat­zes. Er beschäf­tigte sich mit Themen wie Epigra­phik, Phone­tik, histo­ri­scher Geogra­phie.

Um die Wende vom 19. zum 20. Jahr­hun­dert voll­zog sich dann inner­halb von etwas mehr als einem Jahr­zehnt der Umschlag vom Konfu­zia­nis­mus zu einer Art Anti­kon­fu­zia­nis­mus. Einer der letz­ten Vertre­ter der tradi­tio­nel­len chine­si­schen Philo­so­phie, die gleich­sam mit ihm endete, war Kang Youwei (1858–1927), der erfolg­los versuchte, den Konfu­zia­nis­mus als Staats­re­li­gion zu etablie­ren.

Quelle: (https://de.wikipedia.org/wiki/Neokonfuzianismus) über­ar­bei­tete Version

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