Daoismus

Der Daoismus, auch Taoismus genannt, ist eine chinesische Philosophie und Religion, die auf den Lehren des alten chinesischen Philosophen Laozi basiert. Seine historisch belegten Ursprünge gehen auf das 4. Jahrhundert v. Chr. zurück, als das Daodejing von Laozi verfasst wurde. Es betont die Bedeutung der Harmonie zwischen Mensch und Natur und die Erlangung der Erleuchtung durch die Erforschung des Dao, der grundlegenden Natur des Universums.

Neben dem Konfuzianismus und dem Buddhismus ist der Daoismus eine der Drei Lehren, die China maßgeblich geprägt haben. Auch über China hinaus haben die Drei Lehren die Religion und das Denken der Menschen wesentlich beeinflusst. In China beeinflusste der Daoismus die Kultur in den Bereichen Politik, Wirtschaft, Philosophie, Literatur, Kunst, Musik, Ernährungswissenschaft, Medizin, Chemie, Kampfkunst und Geographie.

Die Entstehung des Daoismus

Die Entstehung des Daoismus ist nicht genau datierbar, aber seine historischen Ursprünge liegen im 4. Jahrhundert v. Chr., als das Daodejing des Laozi entstand. Die daoistische Lehre greift viele Gedanken auf, die zur Zeit der Zhou-Dynastie (1040-256 v. Chr.) in China weit verbreitet waren. Dazu gehören die kosmologischen Vorstellungen von Himmel und Erde, die fünf Wandlungsphasen, die Lehre von Qi, Yin und Yang und das I Ging.

Der Daoismus hat die chinesische Kultur im Laufe der Jahrhunderte tief geprägt. Chinesische Alchemie, chinesische Astrologie, Zen-Buddhismus, verschiedene chinesische Kampfkünste einschließlich Tai Chi, traditionelle chinesische Medizin, Feng Shui und viele Qigong-Stile wurden im Laufe der Geschichte mit dem Daoismus in Verbindung gebracht.

Seine Verbreitung

Der Daoismus ist hauptsächlich in China verbreitet. Es gibt jedoch auch daoistische Gemeinschaften und Anhänger in anderen Ländern, insbesondere in Ostasien. In China hat der Daoismus eine lange und komplexe Geschichte und hat sich im Laufe der Jahrhunderte in verschiedenen Formen und Strömungen entwickelt. Die wichtigsten daoistischen Schulen sind der philosophische Daoismus, der religiöse Daoismus und der populäre Daoismus.

Aufgrund der unterschiedlichen Ausprägungen, der unklaren Abgrenzung zu anderen Religionen und der mangelnden statistischen Erfassung in der Volksrepublik China ist die genaue Zahl der Anhänger des Daoismus schwer zu ermitteln. Etwa 8 Millionen Daoisten leben heute auf Taiwan, wohin viele Anhänger der daoistischen Schulen vor der Verfolgung durch die Kulturrevolution geflüchtet sind.

Die Daoistische Vereinigung in der Volksrepublik schätzt die Zahl der daoistischen Gläubigen in der VR China auf etwa 60 Millionen. Der Daoismus ist auch unter den Überseechinesen und in anderen asiatischen Ländern wie Malaysia, Singapur, Vietnam, Japan und Korea verbreitet.

Daoismus zwischen Philosophie und Religion

Im Laufe der Zeit entwickelte sich der Daoismus von einer philosophischen Tradition zu einer religiösen Bewegung, die verschiedene Praktiken wie Meditation, Alchemie und die Verehrung von Gottheiten umfasste. Im 2. Jahrhundert n. Chr. entstand eine formale religiöse Organisation mit dem Namen „Weg der Himmlischen Meister“, die als älteste daoistische Schule gilt.

Im Laufe der Jahrhunderte hat der Daoismus viele Einflüsse aus anderen religiösen und philosophischen Traditionen aufgenommen und sich weiterentwickelt. Heute gibt es verschiedene Strömungen und Schulen des Daoismus, darunter den philosophischen, den religiösen und den volkstümlichen Daoismus, die sich in ihren Praktiken, Überzeugungen und Riten unterscheiden.

Heutige Sinologen sehen im religiösen Daoismus die praktische Verwirklichung des philosophischen Daoismus. Die Unterscheidung zwischen religiösem und philosophischem Daoismus ist daher eine Vereinfachung, und es ist in der Forschung umstritten, ob diese Unterscheidung weiterhin verwendet werden sollte, da sie der Komplexität des Gegenstandes nicht gerecht wird.

Daoistische Ethik

Die ethische Lehre des Daoismus besagt, dass sich die Menschen am Dao orientieren sollen, indem sie den Lauf der Welt beobachten, in dem sich das Dao manifestiert. Dadurch kann er die Gesetzmäßigkeiten und Erscheinungsformen dieses Weltprinzips erkennen. Der Weise erreicht die Harmonie mit dem Dao weniger durch Verstand, Willenskraft und bewusstes Handeln, sondern vielmehr auf mystisch-intuitive Weise, indem er sich dem Lauf der Dinge anpasst. Der Daoismus besagt, dass es im Kosmos nichts Festes gibt: Alles ist dem Wandel unterworfen, und der Weise verwirklicht das Dao, indem er sich dem Wandel, Werden und Wachsen der Erscheinungswelt anpasst.

Im Wandel der Erscheinungen verwirklicht jedes Ding und jedes Wesen spontan seinen eigenen „Weg“, sein eigenes Dao. Es gilt als ethisch richtig, dieser Spontaneität ihren Lauf zu lassen und nicht einzugreifen, also Wu Wei, „Nichteinmischung“, „Nichteinwirkung“ oder „Nichterzwingung“ zu praktizieren. Die Dinge und ihr Lauf werden als sich selbst ordnend, sich selbst entfaltend und sich selbst verwirklichend betrachtet. Es erscheint dem Weisen sinnlos, seine Energie in einem ständigen Willensakt des Handelns (des Eingreifens in das natürliche Wirken des Dao) zu verschwenden.

Daoismus als Religion

In allen Schulen des Daoismus streben die Anhänger danach, zum Ursprung zurückzukehren. In den Begriffen der daoistischen Mystik wird dies beispielsweise als Rückkehr zum Einen, zur Perle, als Rückkehr in den Zustand vor der Existenz von Himmel und Erde oder als Erschaffung des kosmischen Embryos bezeichnet. Diese Rückkehr geschieht, indem sich der daoistische Adept eines Ordnungssystems bedient, dessen kosmologische Grundlagen Yin und Yang, die fünf Wandlungsphasen und andere numerologische Koordinaten sind, und indem er sich in das Zentrum des von ihm so konstruierten Kosmos begibt und sich dort einordnet, verbindet, bestimmt und benennt, um eine Integration zu erreichen und die Welt zu einem Instrument des Geistes zu machen.

Die daoistischen Götter, auch „Unsterbliche“ genannt, haben oft keine Geschichte, andere gehen auf historische oder legendäre Persönlichkeiten zurück, die als wichtig für die Entwicklung des Landes und des Volkes angesehen werden. Sie sind jedoch eher Verkörperungen von Funktionen als Personen oder Götter im westlichen Sinne. Neben den Göttern, durch die der Adept geheiligt wird, gibt es auch Götter, über die der Adept gebieten kann. Die Triade der höchsten Gottheiten sind die Drei Reinen.


Das daoistische Paradies liegt im Kunlun-Gebirge im Westen, es gibt jedoch auch noch andere Gefilde der Seligkeit, wie die Penglai-Inseln, auf denen die Wunderpflanze der Unsterblichkeit wächst. Die Höllenvorstellungen des Daoismus wurden aus dem Buddhismus übernommen.

Daoismus als Philosophie

In seinem 1925 erschienenen Kommentar „Die Lehren des Laotse“ schreibt Richard Wilhelm u.a.: „Die chinesische Philosophie beginnt nun mit der radikalen Beseitigung des Anthropomorphismus in der Religion. Dennoch ist Laotse weit davon entfernt, den Lauf der Natur als etwas Zufälliges, Ungeordnetes zu betrachten.

Der Bezug herausragender Philosophen und Denker der abendländischen Welt wie Epikur, Kant, Hebbel, Spinoza, Heraklit, Bruno, Schelling, Schopenhauer, Schleiermacher, Kierkegaard, Rousseau, Goethe, Tolstoi u.a. zu Gedanken des philosophischen Daoismus wurde erstmals von Richard Wilhelm in seinen Übersetzungen und Kommentaren adäquat herausgearbeitet.

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