I Ging,
das Buch der Wandlung

Wer weiß, redet nicht; wer redet, weiß nicht”

Das I Ging wird oft als “das Buch der Wandlungen” übersetzt. Es hat seinen Ursprung im alten China und ist eines der ältesten erhaltenen Bücher der chinesischen Kultur. Ursprünglich war das I Ging eine Anleitung zur Weissagung und wurde im Laufe der Zeit zu einem kosmologischen Text mit einer Reihe von philosophischen Kommentaren, die als “Zehn Flügel” bekannt sind.

Das I Ging basiert auf der Vorstellung, dass alles im Universum einem ständigen Wandel unterworfen ist und dass dieser Wandel von verschiedenen Kräften und Energien beeinflusst wird. Die Hexagramme des I Ging symbolisieren diese Kräfte und Energien und geben Anweisungen, wie man sich in verschiedenen Situationen verhalten soll.

Im Laufe der Jahrhunderte hat das I Ging die chinesische Kultur und Philosophie stark beeinflusst und ist auch heute noch ein wichtiger Bestandteil der chinesischen Geisteswelt. Auch im Westen ist es populär geworden und hat zahlreiche Anhänger gefunden, die es als Instrument zur Selbsterkenntnis und spirituellen Entwicklung nutzen.

Zhōu Yì

Das I Ging wurde vermutlich im 2. Jahrtausend v. Chr. von verschiedenen Autoren geschrieben und im Laufe der Zeit erweitert und kommentiert. Die Interpretationen des I Ging’s waren im Laufe der Jahrhunderte Gegenstand endloser Diskussionen und Debatten. Viele Kommentatoren haben das Buch symbolisch verwendet, oft als Leitfaden für moralische Entscheidungen, wie sie im Konfuzianismus, Taoismus und Buddhismus überliefert sind.

Die älteste Schicht des I Ging wird Zhōu Yì genannt. Zhōu Yì wird oft als ein Werkzeug der chinesischen Philosophie und Kosmologie betrachtet. Es ist eng mit dem Taoismus verbunden und basiert auf dem Konzept von Yin und Yang. Es ist ein sehr altes Buch, das in der späten Zhou-Dynastie (1046-256 v. Chr.) geschrieben wurde und als eines der wichtigsten Werke der chinesischen Literatur und Philosophie gilt.

Das Zhōu Yì besteht aus 64 Gruppen von je sechs durchgehenden oder unterbrochenen Linien. In der konventionellen Anordnung ist das Zhōu Yì in zwei Bücher unterteilt, das erste enthält die ersten dreißig Hexagramme, das zweite die Zeichen 31 bis 64. Jedes Hexagramm wird nach einem einheitlichen Schema dargestellt: Ein Bild, der Name, ein Spruch mit einer kurzen Erklärung und eine Erklärung der einzelnen Striche.

Zehn Flügel

Der genaue Ursprung der “Zehn Flügel” gibt der Wissenschaft immer noch Rätsel auf. Unabhängig von ihrer historischen Beziehung zu dem Text macht die philosophische Tiefe der “Zehn Flügel” das I Ging zu einem Bestandteil der konfuzianischen Gelehrsamkeit. Die Aufnahme der “Zehn Flügel” spiegelt die im alten China weit verbreitete  Auffassung wider, dass das I Ging ein reichhaltiges moralisches und symbolisches Dokument war, das nicht nur für die professionelle Wahrsagerei nützlich war.

Die Zehn Flügel des I Ging, auch Zehn Flüsse oder Zehn Kommentare genannt, sind eine Sammlung von Texten, die im Laufe der Zeit von verschiedenen Autoren verfasst wurden, um das Verständnis und die Interpretation des I Ging zu vertiefen.

  1. Der Flügel des Wandels:
    Dieser Text beschreibt die Symbolik und Bedeutung der Hexagramme und Trigramme.

  2. Der Flügel des Gebrauchs:
    Hier werden die verschiedenen Methoden erläutert, wie das I Ging interpretiert und verwendet werden kann.

  3. Der Flügel des Bildes:
    Dieser Text enthält eine Beschreibung der verschiedenen Bilder und Zeichen, die im I Ging verwendet werden.

  4. Der Flügel des Kommentars:
    Hier werden die verschiedenen Bedeutungen und Interpretationen der Hexagramme und Trigramme diskutiert.

  5. Der Flügel des Sequenzierens:
    Dieser Text beschreibt die verschiedenen Möglichkeiten, die Hexagramme zu sequenzieren.

  6. Der Flügel des Diskurses:
    Hier werden die verschiedenen Theorien und Diskussionen über das I Ging behandelt.

  7. Der Flügel des Klassifizierens:
    Dieser Text beschäftigt sich mit der Klassifizierung der Hexagramme und Trigramme.

  8. Der Flügel der Zusammensetzungen:
    Hier werden verschiedene Methoden zur Zusammensetzung von Hexagrammen diskutiert.

  9. Der Flügel des Kommentars zur Zusammensetzung:
    Dieser Text beschäftigt sich mit der Interpretation und Bedeutung von zusammengesetzten Hexagrammen.

  10. Der Flügel des Kommentars zur Entscheidungsfindung:
    Hier werden verschiedene Methoden diskutiert, wie das I Ging zur Entscheidungsfindung verwendet werden kann.

Der wohl wichtigste Große Kommentar der “Zehn Flügel” beschreibt das I Ging als Mikrokosmos des Universums und als symbolische Beschreibung von Veränderungsprozessen. Durch die Teilnahme an der spirituellen Erfahrung des I Ging kann der Einzelne die tieferen Muster des Universums verstehen.

Darüber hinaus enthält das Buch seit dem 2. Jh. v. Chr. eine Reihe von Kommentaren. Sie wurden traditionell Konfuzius zugeschrieben. Heute geht man davon aus, dass es sich um Kommentare seiner Nachfolger handelt.

Die moderne Deutung

Um 1900 verlor das I Ging seine Bedeutung für die politische Philosophie, behielt jedoch seinen kulturellen Einfluss als einer der ältesten Texte Chinas. Chinesische Autoren zogen Parallelen zwischen dem I Ging und Themen wie linearer Algebra, Logik und in der Informatik, um zu zeigen, dass die alte chinesische Kosmologie westliche Entdeckungen vorweggenommen hatte. 

Der Psychologe Carl Jung interessierte sich für die universelle Natur der Bildsprache des I Ging und führte eine einflussreiche deutsche Übersetzung von Richard Wilhelms Theorien über Archetypen und Synchronizität ein.

Jung schrieb:

Selbst für das voreingenommenste Auge ist es offensichtlich, dass dieses Buch eine einzige lange Ermahnung ist, den eigenen Charakter, die eigene Einstellung und die eigenen Motive sorgfältig zu prüfen.”

Das Buch hatte einen bemerkenswerten Einfluss auf die Gegenkultur der 1960er Jahre und auf Kulturschaffende des 20. Jahrhunderts wie Philip K. Dick,  Pink Floyd, John Cage, Jorge Luis Borges, Terence McKenna und Hermann Hesse.

 

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