Rezeption im Osten

Die ersten Hinweise auf die Verwen­dung des Schaf­gar­ben­ora­kels und krea­tive Inter­pre­ta­tio­nen der Antwor­ten finden sich im Zuoz­huan. In diesem Werk finden sich Beispiele dafür, wie die Inter­pre­ta­tio­nen der Orakel­sprü­che durch Verglei­che zum Verständ­nis bestimm­ter Situa­tio­nen beitra­gen. Schon damals galt das Zhou Yi als “Buch der Weis­heit”. Über 2000 Jahre lang war es ein wich­ti­ger Ausgangs­punkt für alle philo­so­phi­schen Strö­mun­gen in China. Alle großen Philo­so­phen haben sich mit dem Werk ausein­an­der­ge­setzt, so dass es eine Viel­zahl von Kommen­ta­ren gibt.

In der Han-Zeit, nach der offi­zi­el­len Aner­ken­nung des I Ging, entstan­den zwei Haupt­schu­len: Die erste beschäf­tigte sich mit den Symbo­len und Zahlen des Orakels. Sie unter­suchte kosmo­lo­gi­sche und mathe­ma­ti­sche Prin­zi­pien, die dann auf die Gesell­schaft ange­wen­det wurden. Diese Schule versuchte, eine Art „Welt­for­mel“ zu finden, indem sie die Zahlen und Symbole mit den soge­nann­ten „Tafeln“ verband, die der Legende nach aus den Flüs­sen Huang He und Luo stam­men.

Die andere Schule konzen­trierte sich auf den Sinn und die tiefere Inter­pre­ta­tion der Texte. Wich­tige Vertre­ter dieser Rich­tung waren Ma Rong und Zheng Xuan. Sie versuch­ten, die Inter­pre­ta­ti­ons­for­men des I Ging zu erwei­tern und zu verfei­nern. Ein beson­ders bedeu­ten­der Inter­pret war Wang Bi, der den Text selbst als Ausdruck von (zu entschlüs­seln­den) Ideen betrach­tete. Seine Inter­pre­ta­tion prägte die Ausle­gungs­tra­di­tion für die nächs­ten tausend Jahre.

Das I Ging spielte auch im Buddhis­mus eine Rolle. Die buddhis­ti­schen Gelehr­ten benutz­ten es, um ihre eige­nen Ideen zu erklä­ren. Als der Buddhis­mus an Einfluss verlor und die konfu­zia­ni­sche Philo­so­phie wieder an Bedeu­tung gewann, wurden die Inter­pre­ta­tio­nen der Han-Zeit wieder aufge­grif­fen. Bedeu­tende Denker wie Cheng Yi und Zhu Xi kommen­tier­ten das I Ging und beschäf­tig­ten sich mit der Deutung seiner Zeichen.

Im Laufe der Jahr­hun­derte wurde das I Ging weiter erforscht, vor allem im Hinblick auf mathe­ma­ti­sche und logi­sche Aspekte. Während der Ming-Dynas­tie unter­stützte Lai Zhide die Inter­pre­ta­tion der Han-Zeit und unter­suchte den Text kritisch. Ein buddhis­ti­scher Mönch, Ouyi Zhixu, versuchte mit Hilfe des I Ging den Buddhis­mus mit dem Konfu­zia­nis­mus zu verbin­den.

Im Jahr 1715 ließ Kaiser Kangxi eine kommen­tierte Ausgabe des I Ging drucken. In der Qing-Zeit entwi­ckel­ten Gelehrte verschie­dene Theo­rien, die versuch­ten, das Orakel mit ande­ren Diszi­pli­nen wie Musik, Medi­zin, Astro­lo­gie und Fengs­hui zu verbin­den. Diese Theo­rien waren oft weit herge­holt. Die Entde­ckung von Orakel­kno­chen aus der frühen chine­si­schen Geschichte half den Gelehr­ten, das Zhou Yi besser zu verste­hen und in seinen histo­ri­schen Kontext zu stel­len.

Im 20. Jahr­hun­dert began­nen chine­si­sche Philo­lo­gen wie Gu Yiegang und Li Jing­chi, die ursprüng­li­che Bedeu­tung der Schrift­zei­chen zu entschlüs­seln. Ihre Arbei­ten führ­ten zu vielen Diskus­sio­nen und neuen Erkennt­nis­sen über den Text.

Mit dem Ende des Kaiser­reichs verlor das I Ging seine Bedeu­tung als zentra­les Werk der poli­ti­schen Philo­so­phie, blieb aber kultu­rell einfluss­reich. Heute wird das I Ging in China nicht mehr in brei­ten Krei­sen gele­sen und gilt als schwer verständ­lich. Auch seine Verwen­dung als Orakel­buch ist im 20. Jahr­hun­dert mit den poli­ti­schen und gesell­schaft­li­chen Verän­de­run­gen zurück­ge­gan­gen.

Im 6. Jahr­hun­dert gelangte das I Ging nach Japan, wo es zunächst nur von den Gebil­de­ten gele­sen wurde. Erst tausend Jahre später, während der Edo-Zeit, hatte es einen größe­ren Einfluss auf die japa­ni­sche Kultur und Wissen­schaft. Ähnli­che Auswir­kun­gen hatte das I Ging auch in Korea und Viet­nam.

Quelle: (https://de.wikipedia.org/wiki/I_Ging)

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